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Wärmeverlustberechnung für Wärmenetze

Wärmeverluste spielen bei der Planung von Wärmenetzen eine wichtige Rolle. Insbesondere bei kalten Wärmenetzen müssen zudem häufig Wärmegewinne aus dem Erdboden abgeschätzt werden. Auf dieser Seite finden Sie eine kurze Dokumentation der Berechnungsgrundlagen, die im nPro-Tool Anwendung finden.

Wärmeverluste: Berechnung und Gleichungen

Zur Berechnung der Wärmeverluste stehen in nPro verschiedene Berechnungsansätze zur Verfügung: Für klassische Wärmenetze reichen in einer frühen Konzeptphase häufig grobe Abschätzungen für die Wärmeverluste aus. Hierzu können in nPro die Verluste als relativer Anteil der Wärmeerzeugung an der Energiezentrale oder als absolute Verlustleistung angegeben werden. Alternativ können die Stränge des Wärmenetzes auch detaillierter definiert werden. Für eine detaillierte Berechnung müssen dann für jeden Rohrabschnitt die Dämmschicht, die Verlegetiefe, der Rohrabstand zwischen Vorlauf- und Rücklaufleitung, Rohrdurchmesser, usw. beschrieben werden. Die Berechnung erfolgt in diesem Fall auf Basis der DIN EN 13941. Das hinterlegte Formelwerk der DIN EN 13941 bildet mit hoher Genauigkeit Wärmeverluste oder -gewinne für einen quasi-stationären Betrieb eines Wärmenetzes für unterschiedliche Temperaturniveaus ab. Für eine detaillierte Beschreibung des Formelwerks sei auf die Norm verwiesen.

Im nPro-Tool können für unterschiedliche Netztemperaturen, Verlegetiefen und Bodenverhältnisse die Wärmeverluste abhängig von Rohrdurchmesser und Dämmdicke berechnet werden.

Wärmegewinne und Kältegewinne

Bei konventionellen, heißen Wärmenetzen mit hoher Vorlauftemperatur kommt es ausschließlich zu einer Wärmeübertragung von Wärmeträgermedium (Rohr) zum umgebenden Erdreich. Da das Netz lediglich zum Heizen genutzt wird, stellt diese Wärmeübertragung an die Umgebung immer automatisch Wärmeverluste dar. Bei kalten Nahwärmenetzen mit sehr geringen Netztemperaturen, kann es jedoch sein, dass das umgebende Erdreich zu einigen Zeitpunkt wärmer ist als das Fluid im Rohr. In diesem Fall kommt es zu einer Wärmeübertragung vom Erdreich zum Rohr. Wenn zu diesem Zeitpunkt überwiegend geheizt wird, stellt diese Wärmeübertragung einen Wärmegewinn dar, weil dadurch weniger Wärme an der Energiezentrale in das Wärmenetz eingespeist werden muss. Bei der ausschließlichen Wärmeversorgung ist das Konzept der Wärmegewinne und -verluste einfach zu verstehen. Komplexer wird es jedoch, wenn mit dem (kalten) Wärmenetz zusätzlich gekühlt wird. Beispielsweise wird im Sommer von den Gebäuden zwecks Kühlung Wärme in das Wärmenetz eingespeist. Wenn in diesem Fall eine Wärmeübertragung vom Rohr zum Erdreich stattfindet, muss die Energiezentrale weniger Wärme aus dem Netz abführen (weniger Kälte bereitstellen). Die übertragene Wärme würde man daher als Kältegewinn bezeichnen. Findet hingegen ein Wärmestrom vom Erdreich in das Wärmenetz statt, wäre dies ein Kälteverlust, weil die Energiezentrale dadurch mehr Kälte erzeugen muss. Ob ein Wärmestrom einen Gewinn oder einen Verlust darstellt, hängt also nicht nur von seiner Richtung ab (Rohr zu Erdreich oder Erdreich zu Rohr), sondern auch davon, ob die Energiezentrale im Heiz- oder im Kühlbetrieb ist. Es gibt also 4 Fälle zu unterscheiden. Diese sind exemplarisch in Tabelle 1 dargestellt. Die erste und zweite Spalte beschreibt den Wärme- bzw. Kältebedarf aller Gebäude exklusive Erdreichgewinnen/-verlusten. Die dritte Spalte beschreibt den Wärmestrom vom Rohr zum Erdreich (positiv), bzw. vom Erdreich zum Rohr (negativ). Die vierte Spalte bildet den Netto-Bedarf, also Wärmebedarf minus Kältebedarf plus Wärmestrom (vom Rohr zum Erdreich). Ist der Wert in der 4. Spalte positiv, wird er in die 5. Spalte übertragen. Ist der Wert hingegen negativ, wird er in die 6. Spalte übertragen. Die letzten beiden Spalten beschreiben, ob durch den Wärmestrom vom Rohr ans Erdreich sich der Wärme- oder Kältebedarf an der Energiezentrale erhöht oder verringert. In der ersten Zeile erhöht sich der Wärmebedarf durch die Verluste von 10 kW auf 12 kW. Der Wert in der vorletzten Spalte ist also negativ und es liegt ein Wärmeverlust vor.

Tabelle 1: Berechnungsansatz für Wärmeverluste und -gewinne sowie Kälteverluste und -gewinne.
Wärmebedarf Kältebedarf Wärmestrom von Rohr zum Erdreich Wärmebedarf - Kältebedarf + Wärmestrom Wärmebedarf mit Verlusten Kältebedarf mit Verlusten Wärme-gewinne/
-verluste
Kälte-gewinne/
-verluste
10 kW 0 kW 2 kW 12 kW 12 kW 0 kW -2 kW 0 kW
10 kW 0 kW -2 kW 8 kW 8 kW 0 kW 2 kW 0 kW
0 kW 10 kW 2 kW -8 kW 0 kW 8 kW 0 kW 2 kW
0 kW 10 kW -2 kW -12 kW 0 kW 12 kW 0 kW -2 kW
2 kW 0 kW 5 kW 7 kW 7 kW 0 kW -5 kW 0 kW
2 kW 0 kW -5 kW -3 kW 0 kW 3 kW 2 kW -3 kW
0 kW 2 kW 5 kW 3 kW 3 kW 0 kW -3 kW 2 kW
0 kW 2 kW -5 kW -7 kW 0 kW 7 kW 0 kW -5 kW

Die letzten beiden Spalten (Wärmegewinne und -verluste, sowie Kältegewinne und -verluste) können jetzt aufgespalten werden in reine Gewinne und Verluste: Ist die Zahl positiv liegen Wärmegewinne vor (z.B. 2. Zeile: 2 kW), ist sie negativ liegen Wärmeverluste vor (z.B. 1. Zeile: 2 kW). Ähnlich bei den Kältegewinnen und -verlusten: Ist die Zahl in der letzten Spalte der Tabelle positiv liegen Kältegewinne vor (z.B. 3 Zeile), ist sie negativ liegen Kälteverluste vor (4. Zeile).

Validerung der Verlustberechnung

Für den Vergleich mit anderen Berechnungsansätzen soll die wissenschaftliche Studie von Madan et al. [1] herangezogen werden. In dieser Untersuchung werden für verschiedene Netzparameter mit unterschiedlichen Außenbedingungen (Sommer/Winter-Fall) die Netzverluste ermittelt. Der untersuchte Temperaturbereich für die Netztemperatur erstreckt sich von Hochtemperatur-Wärmenetzen mit Temperaturen oberhalb von 100 °C bis hin zu Wärmenetzen der 5. Generation (kalte Nahwärme) mit Temperaturen von um die 10 °C. Für die Berechnung wurde eine Wärmeleitfähigkeit des Erdreichs von 1,2 W/(m K), eine Wärmeleitfähigkeit der Dämmung von 0,027 W/(m K) und eine Verlegeteife von 0,9575 m angenommen. Die genauen Berechnungsparameter können der Studie entnommen werden. Die Erdreichtemperaturen wurden ebenfalls aus Angaben der Studie übernommen. In Tabelle 2 und 3 sind die Wärmeverluste für den Winter- bzw. Sommerfall abgebildet. Man erkennt, dass das Verfahren zur Wärmeverlustberechnung nach der Norm DIN EN 13941 praktisch dem Modell nach Kvisgaard/Hadvig entspricht und die erzielten Ergebnisse fast identisch sind. Das Modell von Wallenten [2] weicht bei der Wahl der Erdreichtemperatur vom Modell von Kvisgaard/Hadvig ab, wodurch es zu gerinfügigen aber nennenswerten Abweichungen bei den Ergebniswerten kommt. Es soll angemerkt werden, dass der in der Norm beschriebene Berechnungsansatz nur für Wärmenetze bis zu einer Länge von rund 20 km angewendet werden sollte, da er vorraussetzt, dass sich die Netztemperaturen über die Länge des Netzes nicht wesentlich verändern. Bei sehr großen Netzen mit hohen Verlusten sind die Verluste in den Ästen des Netzes jedoch geringer, da hier durch die Verluste eine geringere Netztemperatur vorliegt.

Tabelle 2: Vergleich der längenspezifischen Wärmeverluste für den Winterfall zwischen den Angaben aus dem wissenschaftlichen Artikel von Madan et al. [1] und der in nPro implementierten Methodik nach DIN EN 13941.
Netztemperaturen nPro
(DIN EN 13941)
Kvisgaard/Hadvig
(nach Madan et al.)
Wallenten
(nach Madan et al.)
133/60 °C 69 W/m 69 W/m 72 W/m
100/55 °C 54,8 W/m 55 W/m 58 W/m
80/45 °C 43,5 W/m 45 W/m 49 W/m
56/35 °C 30,7 W/m 30 W/m 34 W/m
8/15 °C 5,2 W/m 5 W/m 9 W/m
Tabelle 3: Vergleich der längenspezifischen Wärmeverluste für den Sommerfall zwischen den Angaben aus dem wissenschaftlichen Artikel von Madan et al. und der in nPro implementierten Methode nach DIN EN 13941.
Netztemperaturen nPro
(DIN EN 13941)
Kvisgaard/Hadvig
(nach Madan et al.)
Wallenten
(nach Madan et al.)
90/20 °C 30,1 W/m 30 W/m 27,5 W/m
69/20 °C 22,2 W/m 22,5 W/m 19,5 W/m
70/45 °C 32 W/m 32,5 W/m 29,5 W/m
56/35 °C 23 W/m 23 W/m 20,5 W/m
12/6 °C -4,4 W/m -4,5 W/m -7 W/m

Quellen

  1. Investigation on Relative Heat Losses and Gains of Heating and Cooling Networks. V. Madan, I. Weidlich, Environmental and Climate Technologies, 25, 1, 479-490, 2021. DOI: 10.2478/rtuect-2021-0035
  2. Large-Scale Geothermal Collector Systems for 5th Generation District Heating and Cooling Networks. R. Zeh, B. Ohlsen, D. Philipp, D. Bertermann, T. Kotz, N. Jocic, V. Stockinger, Sustainability, 13, 6035, 2021. DOI: 10.3390/su13116035
  3. Wallentén, P. (1991). Steady-state heat loss from insulated pipes. Byggnadsfysik LTH, Lunds Tekniska Högskola.
  4. Modelling steady-state thermal behaviour of double thermal network pipes. B. van der Heijde, A. Aertgeerts, L. Helsen, International Journal of Thermal Sciences 117, 316-327, 2017. DOI: 10.1016/j.ijthermalsci.2017.03.026
  5. Method for optimal design of pipes for low-energy district heating, with focus on heat losses. Rosa A. D., Li H., Energy, 36 (5), 2407–2418, 2011. DOI: 10.1016/j.energy.2011.01.024

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