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Ausgleich von Wärme- und Kältebedarfen in kalten Nahwärmenetzen

Ein Vorteil von kalte Nahwärmenetzen ist, dass sie Wärme und Kälte mit dem gleichen Netz bereitstellen können. Dies führt auch dazu, dass sich Wärme- und Kältebedarfe innerhalb eines Quartiers teilweise ausgleichen.

Wie werden Wärme- und Kältebedarfe durch ein kaltes Nahwärmenetz ausgeglichen?

Für Quartiere mit kaltem Nahwärmenetz können zwei Ausgleichseffekte unterschieden werden: Zum einen können Wärme- und Kältebedarfe, die in einem Gebäude gleichzeitig auftreten, ausgeglichen werden (Bedarfsausgleich im Gebäude). Zum anderen können Wärme- und Kältebedarfe, die in unterschiedlichen Gebäuden auftreten durch das kalte Nahwärmenetz ausgeglichen werden (Bedarfsausgleich zwischen Gebäuden). Das Grundprinzip ist in beiden Fällen gleich: Abwärme aus der Kältebereitstellung kann am Verdampfer der Wärmepumpe als Wärmequelle genutzt werden. Auf diese Weise muss zum einen die Abwärme nicht abgeführt werden (Rückkühlung) und zum anderen muss weniger Wärme für den Verdampfer der Wärmepumpe bereitgestellt werden.

Im nPro-Tool wird der Ausgleich von Wärme- und Kältebedarfen in kalten Nahwärmenetzen quantifiziert und graphisch dargestellt.

Bedarfsausgleich im Gebäude

In Gebäuden können Wärme- und Kältebedarfe ausgeglichen werden, wenn sie zeitgleich auftreten. Für die Kälteerzeugung kann entweder ein Wärmeübertrager installiert werden oder eine Kältemaschine. In beiden Fällen entsteht ein Abwärmestrom, welche von der Wärmepumpe (am Verdampfer) teilweise oder vollständig genutzt werden kann. Auf diese Weise reduziert sich die Abwärme, die ins Wärmenetz eingespeist wird und die Wärme, die aus dem Wärmenetz bezogen wird. Infolgedessen wird zu einem bestimmten Zeitpunkt entweder nur überschüssige Wärme ins Wärmenetz eingespeist oder nur Wärme aus dem Netz bezogen.

Bedarfsausgleich zwischen Gebäuden

Wenn zu einem Zeitpunkt mindestens ein Gebäude Wärme ins kalte Nahwärmenetz einspeist und mindestens ein anderes Gebäude Wärme aus dem Netz bezieht, kommt es zu einem Ausgleich zwischen Gebäuden. Im Falle eines perfekten Ausgleichs sind die eingespeisten und bezogenen Wärmemengen in Summe über alle Gebäude gleich groß. In diesem Fall würde kein Massenstrom durch die Energiezentrale fließen und das Quartier wäre in sich komplett thermisch ausgeglichen. Dieser Idealfall tritt jedoch oftmals nur zu wenigen Zeitpunkten im Jahr auf. Im Regelfall wird nur ein Teil der Wärme- oder Kältebedarfe im Quartier direkt ausgeglichen und der Rest muss durch die Energiezentrale gedeckt werden.

Beispielrechnung in nPro

Der Ausgleich von Wärme- und Kältebedarfen in kalten Nahwärmenetzen wird in nPro automatisch ausgewertet und graphisch aufbereitet. Die Grafik, die im nPro-Tool den Ausgleich in kalten Nahwärmenetzen darstellt, soll anhand des folgenden Beispiels erläutert werden: Für ein Quartier mit einem Wohngebäudekomplex (10.000 m²) und einem Rechenzentrum (mittlere Abwärmeleistung von 100 kW) wird ein kaltes Nahwärmenetz errichtet. In Abbildung 1 ist der Bedarfsausgleich in unterschiedlichen Bereichen des Systems visualisiert.

Bedarfsausgleich in kalten Nahwärmenetzen, Anergienetzen
Abbildung 1: Bedarfsausgleich zwischen Wohngebäude und Rechenzentrum, Visualisierung mit nPro-Tool

Die erste Säule Bedarf aller Gebäude zeigt den gesamten Wärme- und Kältebedarfe aller Gebäude (Raumwärme, Trinkwarmwasser und Raumklimatisierung für das Wohngebäude und Prozesskälte für das Rechenzentrum): 1030 MWh für den Wärmebedarf und 1076 MWh für den Kältebedarf. Die zweite Säule Bedarf der dezentralen Anlagen zeigt den Wärmebedarf am Verdampfer der Wärmepumpe (rot) sowie den Strombedarf, der zum Betrieb der Wärmepumpen benötigt wird. Die Summe von Wärmepumpenstrom und Wärmebedarf am Verdampfer der Wärmepumpe entspricht dem Gesamtwärmebedarf. Der Kältebedarf der zweiten Säule beschreibt den Kühlbedarf an der zum Wärmenetz gewandten Seite des Wärmeübertrager im Rechenzentrum und im Wohngebäude. Die Wärmeübertragung zur Kältebereitstellung wird als verlustfrei angenommen und daher bleibt der Kältebedarf zwischen erster und zweiter Säule unverändert. In der dritten Säule von links Bezug aller Gebäude ist der Netto-Wärmebedarf aller Gebäude (hier nur Wohngebäude und Rechenzentrum) dargestellt. Von der zweiten zur dritten Säule reduziert sich leicht der Wärme- und Kältebedarf. Dies ist auf den gebäudeinternen Ausgleich von Raumwärme-/Trinkwarmwasser-Bedarf und Raumklimatisierungsbedarf im Wohngebäude zurückzuführen. Beim Übergang von der dritten zur vierten Säule Einspeisung Energiezentrale reduzieren sich Wärme- und Kältebedarfe stark. Dies ist auf den Ausgleich der Netto-Wärmebedarfe des Wohngebäudes und den Netto-Kältebedarfen des Rechenzentrums zurückzuführen. Die Energiemengen in der letzten Säule sind die Nettobedarfe des Quartiers, welche von einer Energiezentrale bereitgestellt werden müssen.

Quellen

  1. Quantifying Demand Balancing in Bidirectional Low Temperature Networks. M. Wirtz, L. Kivilip, P. Remmen, D. Müller. Energy and Buildings, 224, 110245, 2020.

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