Bedarfssimulation für Gebäude und Quartiere
Zur Erzeugung von Bedarfsprofilen können verschiedene Berechnungs- und Simulationsverfahren eingesetzt werden, die sich in ihrer Art und ihrem Detaillierungsgrad unterscheiden.
Energiebedarfe
Zur Planung von Quartiersenergiesystemen sind konsistente Bedarfsprofile einer der wichtigsten Voraussetzungen. Wird der Bedarf über- oder unterschätzt werden Anlagen über- oder unterdimensioniert. Eine Überdimensionierung erhöht die Investitionen und die Kosten während der späteren Betriebsphase. Eine Unterdimensionierung führt wiederum dazu, dass Bedarfe ungedeckt bleiben und es zu Ausfällen der Energieversorgung kommt. Relevante Energiebedarfe für Quartiere sind zum einen Wärmebedarfe (Raumwärme-, Trinkwarmwasser- und gegebenenfalls Prozesswärmebedarfe), elektrische Bedarfe (Nutzerstrom, Elektromobilität) und Kältebedarfe (Raumklimatisierung, Serverkälte, Kühlanwendungen für den Lebensmittel-Einzelhandel, etc.).
Berechnungsverfahren
Obwohl Bedarfsprofile für die Planung von großer Bedeutung sind, besteht ein Mangel an geeigneten Berechnungstools und -methoden zur Erzeugung von Profilen. Oftmals werden vorhandene Profile lediglich skaliert. Hierbei finden jedoch spezifische Quartiersanforderungen oder vorgegebene Spitzenlasten nur unzureichend Berücksichtigung. Detaillierte Simulationsverfahren (energetische Gebäudesimulation) hingegen erlauben es, Gebäude sehr detailliert abzubilden und ihren Jahresbedarf recht genau abzuschätzen. Auch hierbei bleiben jedoch Unsicherheiten bestehen, da beispielsweise das Nutzerverhalten nur grob, statistisch berücksichtigt werden kann und vom tatsächlichen Nutzerverhalten abweicht. Problematisch bei detaillierten Simulationsverfahren ist außerdem, dass diese eine sehr große Anzahl an Eingangsparametern aufweisen, um Bedarfsprofile mit ausreichender Genauigkeit zu erzeugen. So werden beispielsweise Angaben zur Verschattungstechnik, Wandaufbauten, Dämmstärken, Fenstertypen oder Belegungsdichten benötigt, um den Kühl- oder Heizbedarf des Gebäudes zu ermitteln. Diese Angaben liegen jedoch erst in späten Planungsphasen vor. In der frühen Planungsphase von Quartieren werden daher oftmals vereinfachte Methoden angewendet, welche beispielsweise auf der Gradtagsmethode basieren.
Simulation mit physikalischen Gebäudemodellen
Zur Ermittlung von thermischen Energiebedarfen (Raumwärme und Klimatisierung) werden thermische Gebäudemodelle verwendet. In der Simulation werden alle Wärmeströme und Widerstände innerhalb des Gebäudes abgebildet. Hierzu müssen oftmals eine Reihe von Annahmen getroffen werden, zum Beispiel Transmissions- und Lüftungswärmeverluste, solare Gewinne durch Sonneneinstrahlung, Gebäudeverschattung, innere Wärmegewinne durch die Gebäudenutzer und technische Anlagen. Insbesondere das Nutzerverhalten (Anwesenheitszeiten, Gewohnheiten beim Lüftungsverhalten) können oftmals nur grob abgeschätzt werden. Bei detaillierten Gebäudemodellen wird das Gebäude in mehrere thermische Zonen aufgeteilt und die Wärmeströme zwischen den einzelnen Zonen mitberücksichtigt. Zur Ableitung von Wärme- und Kältebedarfen eines Gebäudes über den Verlauf eines Jahres sind sehr detaillierte Modelle notwendig, die beispielsweise alle Außenflächen des Gebäudes mitsamt geographischer Ausrichtung sowie Wandaufbauten (verwendete Materialien und Schichtdicken, Verglasungsanteil, sowie vorhandene Wärmebrücken) umfassen.
Bedarfsprofile
Typischerweise werden bei der Quartiersplanung Bedarfsprofile mit stündlicher Auflösung für ein typisches Referenzjahr verwendet. Für die Simulation von Bedarfsprofilen wird wiederum ein typisches Wetterjahr verwendet (Testreferenzjahr). Für Deutschland lassen sich Wetterdaten vom DWD kostenlos für viele Orte herunterladen, für andere Orte können Energy-Plus-Wetterjahre kostenlos heruntergeladen werden. Die Nutzung von Profilen mit einer stündlichen Auflösung ist besonders wichtig, wenn erneuerbare Energien, insbesondere Photovoltaik betrachtet werden. Für elektrische Simulationen ist außerdem eine 15-Minuten-Auflösung gebräuchlich. Bei der Planung von Quartieren besteht der Vorteil, dass oftmals eine große Zahl an Gebäuden betrachtet wird und sich Lastspitzen rausmitteln. Für ein einzelnes Einfamilienhaus können beispielsweise einzelne Lastspitzen auftreten (Haartrockner, Herdplatte), die sich nur über wenige Minuten erstrecken. Wenn diese Lastspitzen stündlich gemittelt werden, sind die resultierenden mittleren Leistungen viel geringer. Für den Fall, dass Photovoltaik-Strom genutzt werden soll, würde es bei einer stündlichen Betrachtung zu einer viel höheren Überlappung kommen als wenn Bedarfe und Stromerzeugung auf einer minütlichen oder gar sekündlichen Auflösung betrachtet würden. Dies verdeutlicht, dass bei Einzelgebäuden andere Berechnungsverfahren notwendig sind, als bei Quartierslösungen. Bei Quartieren mitteln sich mit steigender Anzahl von Gebäuden die Lastspitzen mehr und mehr raus und es entstehen geglättete Bedarfsprofile, für die eine stündliche Auflösung in der Regel ausreicht (Standardlastprofile). Bei trägen Systemen, wie z. B. Wärmenetzen, sind - anders als bei elektrischen Netzen - Lastspitzen weniger relevant, weil diese nicht unmittelbar von den Erzeugereinheiten gedeckt werden müssen, sondern die thermische Trägheit Lastspitzen ohnehin glättet.
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